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Der American-Football-Held Travis Kelce, der Neue von Taylor Swift, sticht durch mondäne Looks aus seiner Peer-Group heraus.
Silke Wichert
5 min
Kurze Einführung in die Positionen des American Football, die hierzulande ja nicht jedem geläufig sind: «Quarterback» mögen die meisten noch irgendwie zuordnen können, «Tight End» hingegen klingt vielleicht nach Abwehrspieler, bezeichnet aber eine Art offensive Allzweckwaffe. Der unbestritten Beste auf dieser Position derzeit und vielleicht sogar aller Zeiten: Travis Kelce von den Kansas City Chiefs, zweimaliger Super-Bowl-Gewinner.
In den USA weiss das so ziemlich jeder, der einen Kabelanschluss besitzt, in Europa wurde in den vergangenen Wochen zumindest der Name hektisch gegoogelt. Kelce ist nämlich allem Anschein nach der neue Begleiter von Taylor Swift, und das interessiert plötzlich selbst Leute, die Football sonst für das Gleiche wie Rugby halten.
Seit die Pop-Sängerin Ende September das erste Mal bei einem Spiel der Chiefs gesichtet wurde – in einer Box mit seiner Mutter! –, sammelte der 34-Jährige mehr neue Social-Media-Follower ein als die meisten NFL-Stars zusammen haben. Sein Instagram-Account «Killatrav» zählt jetzt 4,5 Millionen Abonnenten.
Das ist im Vergleich zu den 274 Millionen von Swift immer noch niedlich, aber die gerade unter Frauen weitverbreitete Annahme, dass hier endlich mal ein weiblicher Megastar einen Quasi-Nobody an seiner Seite über Nacht berühmt gemacht habe, ist dann doch nicht ganz richtig. Denn Kelce war schon vorher – in den USA im Allgemeinen und bei Sportinteressierten im Besonderen – ziemlich bekannt. Er tritt in einer ganzen Reihe von Werbespots auf, unterhält einen (jetzt noch erfolgreicheren) Podcast mit seinem Bruder Jason, der sein Geld ebenfalls als Profi-Footballer verdient, und ist nicht zuletzt deshalb ein ganzes Stück populärer als die Kollegen, weil er sich deutlich auffälliger kleidet.
Paradiesvogel im grobschlächtigen Football-Geschäft
Anfang des Jahres, lange vor der Ära Swift, trat er bei der Show «Saturday Night Life» in einem terrakottafarbenen Anzug von Dior auf, bei dem ein dritter Ärmel im Bereich des Gemächts aus dem Jackett baumelte.
Zu einem Event im April trug er ein Hemd mit bunten Flamingos und Palmen und farblich darauf abgestimmte Turnschuhe. Für eine Party zog er einen gefleckten schwarz-weissen Pulli mit passenden Shorts an und wirkte damit wie ein Riesen-Panda-Baby. Klar, dass das «People»-Magazin längst eine Bildergalerie zu Travis Kelce und seinen «most fashionable moments» pflegt. Er ist so etwas wie der breitschultrige Paradiesvogel in dem sonst immer noch eher grobschlächtigen Football-Geschäft.
Travis Kelce spielte Taylor Swift den Ball zu
Vor allem letzthin lieferte er ordentlich Nachschub an illustren Bildern. Just an dem Tag, an dem Swift das erste Mal auf der Tribüne gesichtet wurde, erschien er in crème-hellblau gesprenkelter Jeansjacke und Hose zum Spiel. Dazu trug er mehrere Lagen Goldketten, goldene Sonnenbrille, Hipster-Schnauzer. Zum Vergleich: Die meisten anderen Spieler aus der NFL kommen in Jogginghose und Hoodie zum Stadion.
Die meisten anderen Spieler aus der NFL kommen in Jogginghose und Hoodie zum Stadion
Auf X wurde sofort gelästert, der Tight End sehe aus, als habe er gerade das Schlafzimmer gestrichen, manche erinnerte das Design an die zweifarbige Küchenrolle der Marke Bounty. Offensichtlich fanden viele Männer (oder deren Frauen) den Look allerdings ziemlich gut. Der Entwurf vom New Yorker Label KidSuper war innerhalb kürzester Zeit ausverkauft, was vielleicht auch daran lag, dass der Designer der Marke, Colm Dillane, das Modell in Anlehnung an die Kommentare und ein Swift-Album flugs in «1989 Bedroom Painting Denim Jacket» umbenannte.
Angefangen hat die Liaison, nachdem die 33-jährige Sängerin im Juli ein Konzert im natürlich ausverkauften Stadion der Chiefs, genannt Arrowhead, gegeben hatte und Kelce, begabter Passgeber eben, ihr danach «den Ball zuspielte», wie er in einer Talkshow erklärte. Eloquent ist er nämlich auch noch. «Ich sagte: Ich habe gesehen, wie du Arrowhead gerockt hast, vielleicht willst du ja mal erleben, wie ich Arrowhead rocke.» Bei ihm sei im Stadion nämlich noch mehr los. Ein paar Wochen später jubelte Swift bekanntlich mit Mama Kelce in der Box.
Kelces ungewöhnlich ambitionierter Stil
Pop-Star plus Profi-Sportler, da werden Erinnerungen an die Beckhams wach, die Ende der neunziger Jahre der Supercup der Promi-Beziehungen waren. Wer die Beckham-Doku kürzlich auf Netflix gesehen hat, stellt vielleicht noch eine weitere Parallele fest: Dort offenbart Beckham, dass er seine Outfits für die Woche schon mal auf einer Kleiderstange vorsortiere und kombiniere. Der Reporter fragt aus dem Off ungläubig nach: «Im Voraus . . . Für die ganze Woche . . .?» Beckham lächelt selig und antwortet vollkommen unironisch: «Ja.»
Dazu schwenkt die Kamera auf seinen riesigen Kleiderschrank, der von ihm selbst nach Farben sortiert wird, die T-Shirts in den Schubladen sind penibel aufgerollt. Wobei, was heisst hier Kleiderschrank – ein ganzes Ankleidereich hat der ehemalige Fussballspieler für sich ganz allein. Womit wir wieder bei Kelce wären, der dem «Wall Street Journal» kürzlich verriet, dass sein begehbarer Kleiderschrank ebenfalls ein ganzes Zimmer einnehme und er locker drei Stunden dafür verwende, sich einen Look für den Weg zum Stadion zu überlegen.
Im Interview sprach er auch darüber, wie seine Leidenschaft für Mode begann. Schon als Kind in einem Vorort von Cleveland habe er beim Sport immer das eine Stirnband, das eine paar Schuhe tragen wollen. Im College habe er StreetwearLäden nach Schnäppchen durchsucht, Sneaker gekauft, die ihm gar nicht passten, nur um sie zu besitzen. Wie ein Mann seiner Statur, in einem eher Sportswear-orientierten Umfeld, zu einem jetzt ungewöhnlich ambitionierten Stil fand? «Geld», antwortete Kelce geradeheraus.
‹Es ist, was es ist, und ich habe vor allem Spass damit.›
Sein Profi-Gehalt habe ihm die Türen zu allen Online-Shops dieser Welt geöffnet, zu den tollsten Stoffen und Schnitten. Beim Essen oder Fernsehen scrolle er durch die Seiten von Farfetch oder Ssense und kaufe ganz «impulsiv». «Natürlich gefällt nicht jeder Look jedem», sagt Kelce. «Es macht mir nichts aus, wenn jemand sagt, ich sähe mit einem lustigen Hut und einer verrückten Jeans wie ein Clown aus. Es ist, was es ist, und ich habe vor allem Spass damit.»
So viel Antiklimax muss man sich erst mal trauen
Seinen bislang denkwürdigsten Modemoment zeigte er bei der ersten offiziellen Zusammenkunft mit Swift Mitte Oktober. Als die beiden nacheinander aus dem Auto stiegen. Kelce wie Bodyguard und Boyfriend in Personalunion hielt für den Anfang nicht etwa den Ball flach, sondern trug eine crèmefarbene Jacke von Jil Sander mit naiv gemalten Tauben darauf. So viel Antiklimax muss man sich erst mal trauen. Zumal der Sportler angeblich keinen Stylisten beschäftigt, während im europäischen Fussball heute jeder Zweitligaprofi einen hat. Auch Werbe- oder Ausstattungsverträge mit Modemarken gebe es nicht, heisst es. Für beides dürfte der Tight End jetzt einige Angebote bekommen.
Silke Wichert hat noch nie ein Footballspiel angeschaut, liebt aber das Buch «The Art of Fielding» über Baseball von Chad Harbach.
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