Tennis: 50 Jahre Equal Pay bei den US Open – DW – 01.09.2023 (2024)

Applaus tost durch das New Yorker Arthur-Ashe-Stadion, als die ehemalige First Lady der USA, Michelle Obama, die Tennislegende Billie Jean King auf dem Platz vorstellt.

Mit Tränen in den Augen winkt die 79-Jährige der Menge zu und umarmt Obama, bevor sie sich auf den Weg zum Mikrofonstand in der vollbesetzten Arena macht. Sie ist sichtlich ergriffen und bringt zunächst nur einen großen Seufzer hervor.

King hatte sich 1983 nach einer glanzvollen Karriere mit zwölf Grand-Slam-Titeln im Einzel vom Tennis zurückgezogen. Doch ihren bedeutendsten Sieg errang sie abseits des Platzes. Am Eröffnungsabend der US Open 2023 feierte King den 50. Jahrestag des Turniers, bei dem als erstes Sportereignis gleiche Preisgelder für weibliche und männliche Teilnehmer ausgelobt wurden.

Wendepunkt 1973

Das diesjährige letzte Grand-Slam-Turnier ist mit einem Rekordpreisgeld von 65 Millionen Dollar (60 Millionen Euro) dotiert und bildet den Abschluss von 17 aufeinander folgenden Jahren mit Lohngleichheit bei allen vier Grand Slams. King, die Frau, die nach Obamas Worten "all das möglich gemacht hat", war inmitten des größten Tennisstadions der Welt sprachlos.

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In ihrer Würdigung erinnerte Obama daran, wie King, die US-Open-Siegerin von 1972, sich mit ihren Tenniskolleginnen verbündete und damit drohte, das Turnier im folgenden Jahr zu boykottieren, wenn die Frauen nicht das gleiche Preisgeld erhielten wie die Männer. Mit Erfolg - noch im selben Sommer wurde bekanntgegeben, dass die Prämie für die Siegerin um 15.000 Dollar (13.800 Euro) erhöht würde, so dass sowohl der Sieger bei den Männern als auch die Siegerin bei den Frauen jeweils 25.000 Dollar (23.000 Euro) erhalten sollten.

Billie Jean King: "Wir sind noch lange nicht fertig"

2007 war Wimbledon neben den French Open das letzte der Grand-Slam-Turniere, das 39 Jahre nach Beginn der Open-Ära des Tennissports im Jahr 1968 zur gleichen Bezahlung für beide Geschlechter überging. "Frauentennis ist der führende Sport für Frauen", sagte King in ihrer Rede. "Aber während wir heute feiern, ist unsere Arbeit noch lange nicht getan."

Die Arbeit, auf die sie sich bezieht, wurde bei den Vorbereitungsturnieren zu den diesjährigen US Open deutlich. Die Canadian Open boten ein Preisgeld von insgesamt 9,4 Millionen Dollar, von denen nur 2,8 Millionen Dollar an die Frauen gingen. Die Männer kassierten 6,6 Millionen, obwohl die Spieler beider Geschlechter die gleiche Anzahl an Sätzen im Wettbewerb spielten.

Seit 2021 findet das Männerturnier in geraden Jahren in Montreal statt, während die Frauen in Toronto antreten, und umgekehrt in ungeraden Jahren. Einige argumentieren, dass die Einnahmen des Männerturniers mehr Zuschauer anlockten und mehr Fernsehgelder einbrächten.

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Ungleichbehandlung auf dem Platz

Sogar einige Stars des Sports wie Novak Djokovic und Rafael Nadal haben sich auf diese Argumentation eingelassen. "Die Statistiken zeigen, dass wir viel mehr Zuschauer bei den Tennismatches der Männer haben", sagte Djokovic beim Indian Wells Masters 2016. "Ich denke, das ist einer der Gründe, warum wir vielleicht höhere Prämien bekommen sollten."

Nadal äußerte sich bei den Australian Open 2019 ähnlich: "Wenn sie mehr Tickets verkaufen als wir, haben sie mehr verdient als wir." Beide haben inzwischen einen Rückzieher gemacht und ihre Unterstützung für einen Zusammenschluss der Dachverbände von Männern und Frauen bekundet.

Eine Woche nach den Canadian Open wurde die Diskrepanz bei den Preisgeldern beim Cincinnati Masters erneut deutlich, obwohl die Auslosung der Damen und der Herren am gleichen Ort stattfand und die Fans für die Eintrittskarten der Damen und der Herren den gleichen Betrag zahlten.

Bei den Herren nahm Djokovic wieder einmal rund eine Million Dollar (920.000 Euro) Preisgeld mit nach Hause, während sich seine weibliche Konkurrentin Coco Gauff mit etwa 450.000 Dollar (420.000 Euro) begnügen musste - weniger als die Hälfte. Das Frauentennis macht zwar Fortschritte, hat aber immer nochgroßen Nachholbedarf.

Murray fordert Zusammenarbeit von WTA und ATP

Der ehemalige Weltranglistenerste Andy Murray ist einer der größten Befürworter der Lohngleichheit im Tennis. Als er vor seinem ersten Spiel in Cincinnati mit den ungleichen Preisgeldern konfrontiert wurde, sagte Murray, dass die Dachverbände des Tennissports - die Association of Tennis Professionals (ATP), die für die Herren-Tour zuständig ist, und die Women's Tennis Association (WTA), die für die Damen-Tour verantwortlich ist - zusammenarbeiten müssen, um eine Lösung zu finden.

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"Ich war schon immer der Meinung, dass wir um das gleiche Preisgeld spielen sollten, wenn wir bei der gleichen Veranstaltung auf den gleichen Plätzen antreten", sagte der ehemalige Wimbledonsieger. "Es ist schwierig, wirklich gleichberechtigt zu werden, solange sich die ATP und die WTA nicht zusammenschließen und zusammenarbeiten."

In einem ersten Schritt in diese Richtung kündigte die WTA im Juni an, dass alle kombinierten 1000er- und 500er-Turniere, die wichtigsten Wettbewerbe des Sports außerhalb der Grand Slams, bis 2027 das gleiche Preisgeld bieten werden. Bei den nicht kombinierten Turnieren wird dies bis 2033 der Fall sein.

Wenn alles nach Plan läuft, wird Billie Jean King 89 Jahre alt sein, bis die Preisgelder im Profitennis gleichmäßig zwischen Männern und Frauen verteilt werden. Ein halbes Jahrhundert nachdem sie1973 bei den US Open die gleiche Bezahlung für Frauen durchgesetzt hat, führt King immer noch einen Kampf für Gleichberechtigung, der noch lange nicht beendet ist.

Bevor sie am Dienstag in New York die Bühne verließ, beendete King ihre Rede mit einem Zitat der US-amerikanischen Bürgerrechtsaktivistin Coretta Scott King: "Der Kampf ist ein nie endender Prozess. Die Freiheit wird nie wirklich gewonnen. Man muss sie sich verdienen, und das in jeder Generation aufs Neue."

Dieser Text wurde aus dem Englischen adaptiert.

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